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Am 7. März fand eine Konferenz im Rahmen der Biennale Ljubljana statt. Auf der Suche nach den bestimmenden Faktoren der zukünftigen Entwicklung der gedruckten Kunst wurden unterschiedlichste Perspektiven vorgestellt, auch im Hinblick auf die thematische Ausrichtung der Biennale in den nächsten Jahren. Ein Rückblick von Michael Schneider
Keynote Speaker Louis Camnitzer, dessen Werk und Biographie in beeindruckender Weise den Nachweis erbringt, dass Anerkennung in der Gegenwartskunst und druckgraphisches Schaffen einander nicht ausschließen, eröffnete die Konferenz. Seine programmatische Rede schuf die, alle weiteren Stellungnahmen verknüpfende Klammer, die Suche nach der Balance zwischen Intuition und Intellekt, zwischen Technik und Emotion, zwischen Konzept und Überraschung.
Nevenka Šivavec, Direktorin des MGLC (Mednarodni grafični likovni center / International Centre
of Graphic Arts, www.mglc-lj.si), und Breda Škrjanec, Museumsberaterin des MGLC, zeichneten
verantwortlich für die Zusammenstellung der Vortragenden der eintägigen Konferenz, die sich sowohl künstlerischen, kuratorischen, konzeptuellen und technischen Standpunkten in der gegenwärtigen Entwicklung der gedruckten Kunst widmeten. Zu diesem Zweck hat sie die Vorträge unter drei Headlines zusammengefasst: „The role of printmaking in contemporary art practice“, „Exploring the boundaries of the graphic arts and the graphic“ und „The history and future of international graphic arts exhibition“.
Die Konzentration auf die Frage der Zukunft der Biennale ist eine naheliegende und eine, die sich nicht nur für Ljubljana stellt, sondern auch für alle anderen Biennalen/Triennalen in Europa und Asien. Die Trennung der Triennale Wien und Oldenburg von der Organisation in Kraków ist dabei nur ein weiteres Symptom einer allgemeinen Entwicklung, die seit 20 Jahren zu beobachten ist, im starren institutionalisierten Betrieb aber zu wenig Berücksichtigung gefunden hatte. Folgerichtig haben sich die Beiträge zu Geschichte und Zukunft der Großausstellungen mit den nötigen institutionellen Änderungen beschäftigt, die es in Zukunft erlauben sollen, ein der künstlerischen Praxis adäquates Format zu entwickeln.
Die Basis für diese neuen Formate wird wohl die offene Form des Diskurses sein, der sich in der gedruckten Kunst der Gegenwart zeigt. Paul Coldwell, Künstler und Autor aus London, hatte in seinem Vortrag dazu Stellung genommen und gezeigt, wie die Mechanismen des Kunstbetriebes die Bedeutung des Druckes zugunsten einer Wertgenerierung durch das Einzigartige unterschlagen. Ein Vorgang, der einer konsequenten Entwicklung einer Geschichte und Theorie der Druckgraphik im Weg steht und diese somit innerhalb des Diskurses marginalisiert.
Ein Topos, den ich persönlich so nicht gelten lassen möchte, obwohl mir natürlich genügend Beispiele bekannt sind, die diese Sichtweise unterstützen. In meinem Vortrag über die „Herausforderung printmedia“ habe ich gezeigt, dass es nötig ist, eine offensive Haltung einzunehmen und die durch wirtschaftliche und politische Gegebenheiten des 20. Jahrhunderts definierte Selbstsicht der Druckgraphik durch ein zeitgemäßes Verständnis zu ersetzen. Dieses beschreibt die Druckgraphik als Basis der Medienkunst und erhält mit „printmedia“ einen treffenden Ausdruck. Die Verfügbarkeit von Schnittstellen zur Intermedialität, die Trennung von Content und Medium und die generelle Obsoleszenz des Druckens als Grundlage der Vervielfältigung und Publikation haben zu einer neuen Freiheit für den künstlerischen Ausdruck geführt. Diese sollte sowohl in der Terminologie als auch in der kuratorischen Praxis großer Überblicksausstellungen ihren Niederschlag finden.
Die Vorträge von Deborah Cullen und Carlos Bayod Lucini boten zwei völlig unterschiedliche Ansätze, diese Entwicklungen zu betrachten. Deborah Cullen, Kuratorin aus New York und verantwortlich für die 30. Biennale in Ljubljana, zeigte unterschiedliche Tendenzen der Gegenwartsgraphik. Stand zum Ende des 20. Jahrhunderts noch die Frage im Raum, ob digitales Arbeiten im Rahmen der Druckgraphik erlaubt sei, ist es heute von zentraler Bedeutung, nicht nach Technik zu fragen sondern nach Schnittstellen. Die Druckgraphik erweist sich hier als eine von ganz besonderer Qualität. Sie ist in der Lage, eine kollaborative Praxis zu fördern, die unterschiedlichste Bereiche der visuellen Kultur verknüpft. Wo immer eine Hardcopy eine Existenz im Datenraum materialisiert, ist der Druck gegenwärtig.
Ein ganz anderer Ansatz zur Verwendung von neuester Technologie im Bereich „Druck“ war der Vortrag von Carlos Bayod Lucini. Der Architekt ist Direktor der konservatorischen Projekte von Factum Arte. Die junge Firma, beheimatet in Spanien, gegründet vom Briten Adam Lowe, hat sich zuerst dem digitalen Ausdruck von Photographie gewidmet, um das gesammelte Know How später dem Erstellen von Faksimiles und in jüngerer Zeit dem drei-dimensionalen oder besser zweieinhalb-dimensionalen Druck zu widmen. Die faszinierende Erzählung der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet des 3DScans und -Druckes war ein Einblick in die technischen Möglichkeiten. Was einerseits für die Erhaltung von gefährdetem Kulturgut neue Wege ebnet, bietet auch neue Antworten für die künstlerische Praxis. Es gibt keinen Unterschied mehr zwischen dem 2D, 21/2D und dem 3D-Druck. Die Multiplikation, die Kopie, die Variation, die Publikation sind von Bedeutung. Es sind die Ausdrucksmöglichkeiten, die das Medium Druck bietet, und die Logik des Mediums selbst.
Einen besonderen Einblick in diese bot der Vortrag von Thomas Kilpper. Der Berliner entwickelt seit 15 Jahren ortsspezifische druckgraphische Projekte. Der international tätige Künstler, dessen Werk auch schon in der Biennale in Venedig zu sehen war, nützt den Hochdruck, und zwar Holz- oder Linolschnitt, als großformatige Schnittstelle zwischen Orten und ihrer Geschichte und der Gesellschaft. Seine großformatigen Drucke tragen Bilder aus Orten und Gebäuden nach außen, machen diese sichtbar und formen damit ein neues Narrativ, erzählt mit der Sprache des Drucks.